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Forschungsprojekt ::
AKTF Jahrestagung 2020: Internationale Konferenz zu gesellschaftlichen Naturverhältnissen und Tourismus

Projektbeschreibung

Der gesellschaftliche Umgang mit der Natur drückt momentan mit einer Wucht in die öffentliche Debatte wie schon seit vielen Jahren nicht mehr. Die teils hitzig geführten Diskussionen über einen angemessenen Umgang mit dem anthropogen verursachten Klimawandel, dem weltweiten Artensterben, dem Einsatz von Unkraut- und Insektenvernichtungsmitteln in der Landwirtschaft oder mit Fragen der Umweltgerechtigkeit veranschaulichen, dass unsere gegenwärtigen gesellschaftlichen Naturverhältnisse vor allem hinsichtlich ihrer mittel- bis langfristigen Konsequenzen kritisch hinterfragt werden müssen. Ressourcen- und Flächenverbrauch, CO2-Ausstoß, die Umformung immer weiterer Lebensräume von zahlreichen Tier- und Pflanzenarten in Kultur- und vor allem Wirtschaftsräume der Menschen sowie die Kommodifizierung von Natur sind dabei auch Themen, die den Tourismus als größte Wirtschaftsbranche der Welt betreffen. Beispielhaft wären hier der Ausbau von Skigebieten, das Staging von „Naturerlebnissen“ in Safari- und Gamefarms im südlichen Afrika oder im Rahmen von Urlaub auf dem (schon längst Nebenwerbs)Bauernhof, der riffbiotopschädigende Neu- und Ausbau von Strandressorts etwa auf den Malediven oder in Ägypten, die Verknüpfung von spekulativer Immobilienentwicklung und Tourismus in spanischen und lateinamerikanischen Küstenregionen oder generell der zunehmende Fernreisetourismus mit seinen extrem negativen CO2-Bilanzen zu nennen. Trotz Beschränkungs- und Suffizienzgedanken – angeregt von Debatten um Postwachstum oder Alternative Ökonomien – scheint das Wachstumsparadigma im Tourismus noch klar zu dominieren. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass gesellschaftliche Naturverhältnisse einen lohnenden Gegenstand für die tourismuswissenschaftliche Forschung darstellen.

Während Natur- und Ökotourismus (z.B. Metzler et al. 2016), Slow-Tourism (z.B. Wöhler 2011), die Akzeptanz und regionalwirtschaftlichen Effekte von Nationalparks (z.B. Mayer et al. 2010; Mayer & Job 2014) oder Fragen der Nachhaltigkeit touristischer Produkte und Destinationen (z.B. Freyer & Schreyer 2010) zwar umfangreiche Aufmerksamkeit in der deutschsprachigen Debatte erhalten haben, sind kritische und konstruktivistische Perspektiven auf gesellschaftliche Naturverhältnisse und Tourismus bislang deutlich unterrepräsentiert. Die diesjährige Tagung will daher – vor allem, aber nicht nur – theoretische Zugänge in den Blick nehmen, die jenseits der gut etablierten positivistischen und kritisch- rationalistischen Zugänge zum Thema Tourismus und Natur deren Verhältnis aus konstruktivistischer und kritischer Perspektive beleuchten. Nicht nur innerhalb der Humangeographie, sondern auch in tourismusaffinen Nachbardisziplinen werden dabei entsprechende theoretische Ansätze bereits seit längerem intensiv diskutiert. Während die Kommodifizierung und gesellschaftliche Produktion von Natur im Rahmen kapitalistischer Wirtschaftssysteme, politisch- ökonomische Ansätze, politisch-ökologische Zugänge, Fragen der Environmental Justice, die Akteurs-Netzwerk-Theorie, Phänomenologie, Pragmatismus, Non-Representational Theory, Animal Geographies, Assemblage-Theorie sowie verschiedene praxisorientierte, performative und viszerale Ansätze einen immer größeren Raum im Fachdiskurs einnehmen, scheinen diese Debatten in der deutschsprachigen Tourismuswissenschaft bislang nur vereinzelt aufgegriffen zu werden. Dies ist umso erstaunlicher als einige dieser Ansätze sich seit langem auch in der internationalen Forschung etabliert haben – man denke beispielsweise an die breit anerkannten politisch-ökonomischen (z.B. Britton 1991; Bianchi 2018; Richter & Steiner 2008) oder in den letzten Jahren auch politisch-ökologischen Arbeiten (z.B. Nepal & Saarinen 2016; Mostafanezhad 2016, Rainer 2016). Mit der nächsten Jahrestagung des AKTF wollen wir insofern einen Anstoß geben, um die sich im Tourismus ausdrückenden und formierenden gesellschaftlichen Naturverhältnisse und ihre Konsequenzen in den Blick zu nehmen. Dabei sehen wir kritische und konstruktivistische Ansätze und positivistische und kritisch-rationalistische Zugänge durchaus als komplementär an, da wir davon ausgehen, dass eine tiefergehende und kritische Analyse der gesellschaftlichen Naturverhältnisse auch der anwendungsorientierten Tourismuswissenschaft neue Impulse und Denkanstöße für eine zukunftsfähige Weiterentwicklung des Tourismus liefern kann.

Angaben zum Forschungsprojekt

Beginn des Projekts:26. März 2020
Ende des Projekts:28. März 2020
Projektstatus:abgeschlossen
Projektleitung:Steiner, Prof. Dr. Christian
Beteiligte Personen:Rainer, Dr. Gerhard
Schröder, MSc Verena
Lehrstuhl/Institution:
Finanzierung des Projekts:Intern/PROFOR
Themengebiete:R Geographie
Projekttyp:Tagung, Konferenz, etc.
Webseite:https://www.ak-tourismusforschung.org/de/veranstal...
Projekt-ID:2703
Eingestellt am: 17. Okt 2019 10:51
Letzte Änderung: 20. Jul 2023 03:35
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